Sehr geehrter Herr Schlichtmann,
mit meiner Email vom 10.01.2019 habe ich beantragt, eine der nächsten „großen“ Straßen, die demnächst im Neubaugebiet „Am Redder“ einen Namen erhalten soll, nach unserem ersten Bürgermeister
August Hillert
zu benennen.
Heute nun beantrage ich, den oben genannten öffentlichen Platz nach August Hillert zu benennen. In dem heutigen Villazzo hatte August Hillert sein Café Niedersachsen und er war der erste Bürgermeister nach dem Krieg. (Genaugenommen war er schon 1933 zum Bürgermeister gewählt worden, aber das Nazi-Regime hat ihn abgesetzt, da er ein bekennender Ablehner des Regims war). August Hillert ist am 10.08.1887 in Harsefeld geboren und am 09.10.1968 in Harsefeld gestorben.
Die letzte Ruhestätte haben er und seine Frau Berta auf dem Oberen Friedhof in Harsefeld gefunden. Das Leben des August Hillert war ein sehr bewegtes und kann in dem Buch Geschichte und Gegenwart 2012 – aufgeschrieben von Rolf Waller – in allen Einzelheiten nachgelesen werden. Von daher möchte ich an dieser Stelle nur einige seiner Stationen aufzeigen:
– 1909 – 1912: Dienst auf dem Schiff Seiner Majestät, unseres Kaisers
– 31.05.1913: Hochzeit mit Berta Alwine Behnke aus Uthlede
– Die beiden bekommen 2 Töchter und 3 Söhne
– 23.07.1921 erhält er die Konzession in der Makrtstraße 128 (heute 5) für den Ausschank alkoholfreier Getränke
– 24.01.1922 erhält er die Erlaubnis zum Ausschank „geistiger“ Getränke
– 1925/1926 wird elektrisches Licht in dem Café verlegt
– 1927 folgen An-, Aus- und Umbauten mit Fremdenzimmer, Sanitärräume, Tanzsaal und eine Terrasse vor dem Haus
– 29.12.1927 wird die Genehmigung für die neu geschaffenen Räume erteilt
– 1927 stellt er sich (aus Frust über eine Entscheidung im Gemeinderat) zur Wahl und wurde in den Gemeindeausschuss in Harsefeld gewählt
– 1931 wird er wieder in den Gemeindeausschuss gewählt
– Den Nazis erteilt er in seinem Lokal Hausverbot!
– 1933 gewinnt er die Wahl und ist Fleckensvorsteher
– Die Nazis annullieren die Wahl und es wird jemand anderes eingesetzt (das gleiche Schicksal ereilte zu der Zeit mehrere gewählte Volksvertreter, die dem Regime nicht gehorchen wollten)
– In den folgenden Jahren ist August Hillert immer wieder den Schikanen des Landjägers bzw. des Dorfpolizisten ausgesetzt, aber er bleibt standhaft
– 09.02.1939 stirbt der Sohn Herbert, der der Nachfolger im Café Niedersachsen werden sollte
– 1945 marschieren die Engländer in Harsefeld ein und beschlagnahmen sofort das Café Niedersachsen
– Nach der „Säuberung“ der Gemeinde von den Nazis stellen die Engländer fest, dass August Hillert der letzte demokratisch und rechtmäßig gewählte Gemeindevorsteher ist. Die Beschlagnahmung wird sofort aufgehoben
– Nach Unterschrift auf der Kapitulationsurkunde – 09.05.1945 – wird August Hillert sofort von den englischen Befehlshabern zum Bürgermeister ausgerufen.
– Im Juni 1945 wird die Adolf-Hitler-Straße wieder zur Herrenstraße
– August Hillert wurde praktisch in der schwierigsten Phase Harsefelds im 20. Jahrhundert als Bürgermeister eingesetzt.
– 1946 wird August Hillert als Mitglied in den Kreistag gewählt und er wird in den Vorstand der Kreissparkasse berufen
– In seine Zeit fallen die Unterbringungen von Flüchtlingen, die nach dem Krieg in Harsefeld gestrandet waren
– Mitte 1948 etablierte er ein „Gemeindeflüchtlingsamt“
– 1947: Die Planung und Gründung einer Mittelschule in Harsefeld erfolgt in nur wenigen Wochen
– Er überzeugt umliegende Gemeinden von der Mittelschule in Harsefeld und wird zum Vorsitzenden des Mittelschulzweckverbandes gewählt
– Unter seiner Aufsicht wurde ein Generalbebauungsplan für das Steinfeld für 80 Hausplätze erstellt
– August Hillert hat dazu beigetragen, dass ein armamputierten Bürger Harsefelds im Zuge der „Eingliederung von Kriegsversehrten“ als Gemeindebote angestellt wurde, der später auch die Vereinsbeiträge des TuS Harsefeld einsammelte.
– 1964 wird August Hillert zum letzten Mal in den Gemeinderat gewählt. Er dürfte maßgeblich an der ersten Samtgemeindebildung 1965 mit Issendorf und Ruschwedel beteiligt gewesen sein.
Hier noch ein Beispiel von der unkomplizierten Art des Bürgermeisters, August Hillert: Der Sommer 1945 hatte viele heiße Tage und die Badeanstalt war von den Engländern gesperrt worden. So gingen die Jungen des Dorfes zum Bürgermeister und baten darum, sich in den Fischteichen erfrischen zu dürfen. August Hillert war kein Zauderer und kein Zögerer und erlaubte ohne langes Nachdenken die Benutzung. In seinem Nachruf im Stader Tageblatt stand unter anderem: „… Lange Zeit stand er im öffentlichen Leben des Fleckens und des Landkreises als Gemeindevertreter und Kreistagsabgeordneter.
In den ersten schweren Jahren nach dem letzten Krieg (1945 – 1948) war er Bürgermeister in Harsefeld. … In seinem Streben für Harsefeld und rein äußerlich in seiner kraftvollen Statur wird August Hillert vielen lange in Erinnerung bleiben.“ Während einer Gästeführung durch die Marktstraße mit ehemaligen Schülern, die vor 60 Jahren in Harsefeld zur Schule gingen, erzählte ich einiges zu diesem Haus und auch über August Hillert. Woraufhin ein Teilnehmer meinte: „Warum heißt dieser Platz dann nicht August-Hillert-Platz?“
Ich finde diesen Vorschlag ganz hervorragend, da er dann auch in direkter Nähe zu der Wirkungsstätte von August Hillert ist. Und wenn sich Besucher fragen, was es mit dem August Hillert denn so auf sich hat, nachdem ein Platz benannt wurde, dann stehen wir direkt an seinem Haus und können vor Ort von ihm berichten. Es wäre aus meiner Sicht ein Zeichen der Wertschätzung, diesen Platz nach unserem ersten Bürgermeister zu benennen und auch bestimmt eine besondere Freude für die Nachfahren, wenn wir zeigen, dass wir August Hillert nicht vergessen haben.
Mit freundlichen Grüßen
Susanne de Brujn